Dialogpredigt zu Matthäus 14

4. Sonntag vor der Passionszeit, 6. Februar 2022

Dialogpredigt zu Matthäus 14:

  • 22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe.
  • 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein.
  • 24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
  • 25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.
  • 26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.
  • 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!
  • 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.
  • 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.
  • 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich!
  • 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
  • 32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich.
  • 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

Martina:    
Jesus schickt seine Jünger voraus. Nach der kräftezehrenden intensiven Begegnung mit vielen Leuten sucht er die Ruhe, will sich zurückziehen und steigt dazu auf einen Berg. Ich erklimme zwar keine Berge mehr, aber schaue auch gerne von oben hinab. Sehr gut erinnere ich mich z.B. an einen Ausflug zum Karren in Vorarlberg, wo einem die mit der Seilbahn gut erreichbare Aussichtsplattform einen sagenhaften Blick ins Tal bietet. Es hat etwas, oben zu stehen und den Überblick zu haben, auf Abstand zu Alltagsproblemen zu gehen, sich zu distanzieren, gerade um auf neue Lösungsansätze zu stoßen.

Lissy:    
Jesus betet. Beten um den Geist,  um Lösungen für Probleme. Wer betet, geht damit auch auf Distanz zu sich selbst, gibt Sorgen ab in die Hand des Vaters, hört auf seine Stimme, fragt nach dem Willen Gottes. Ich kann verstehen, dass Jesus sich zurückzieht, um zu beten. Wenn ich bete, brauche ich auch Stille. Darum bete ich am liebsten ganz früh am Morgen, wenn die restliche Welt noch schläft. Mich auf Gott auszurichten bevor der Tag beginnt, gibt mir von Anfang an eine andere Perspektive für die Aufgaben die vor mir liegen. Denn jetzt schöpfe ich nicht nur aus der Kraft meiner Person, jetzt schöpfe ich aus der Kraft der Gegenwart Gottes. 

Martina:     
Während Jesus also zurückgezogen betet, waren die Jünger schon im Boot unterwegs. Starker Wellengang brachte sie während der Überfahrt in Bedrängnis. Natürlich wollte Jesus seinen Jüngern zu Hilfe kommen. Sie aber rechneten freilich nicht mit ihm, sondern hielten ihn, als er aus der Finsternis im Wasser vor ihnen auftauchte, gar für ein Gespenst und erschraken heftig. Nachtgespenster, die uns Furcht einflößen. Viele von uns kennen sie. Wenn man Nachts wachliegt, scheinen Probleme und Sorgen nämlich zu Riesen heranzuwachsen und das Flüstern dieser riesenhaften Gespenster wird in der Stille zum Gebrüll. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, wenn ich Angst habe davor, überfordert zu sein mit einer Aufgabe oder befürchte, jemanden oder etwas zu verlieren oder auch wenn mich ein Konflikt belastet.

Lissy:     
Oh ja, es gibt auch Gespenster, die mir Angst einjagen. Wenn ich anfange mir Sorgen zu machen, wie ich mit alldem Stress im Arbeitsleben noch Zeit finde, für das Wesentliche, meine zwischenmenschlichen Beziehungen mit Familie und Freunden, wie soll ich all dem Gerecht werden? Und ich muss mir selbst klar machen, dass Jesus auch in Schwierigkeiten für mich da ist, um zu helfen, auch wenn ich ihn so wenig erkenne oder bemerke wie die Jünger in Seenot. Manchmal spüre ich trotzdem seine Gegenwart und mich trägt die Gewissheit, dass Gott eine Lösung hat, auch für all die Menschen und Problemstellung um die ich mich grad nicht selbst kümmern kann. Ich kann an Gott abgeben und loslassen und darauf vertrauen, dass ich die Kraft für das habe, was ich jetzt zu tun habe, und Gott das große Ganze in seiner Hand hält. Auch wenn ich selbst immer wieder kleingläubig bin, weiß ich doch: mit Jesus an unserer Seite können wir über uns hinauswachsen und Dinge schaffen, die wir uns niemals zugetraut hätten.
So verstehe ich auch die Mutprobe, auf die Petrus sich einlässt, als er dem Herrn auf dem Wasser entgegengeht. Es ist eine Probe aufs Vertrauen. Alles ist möglich, dem, der da glaubt.

Martina:   
Das stimmt wohl, alles ist möglich… Aber was ist, wenn der Glaube plötzlich baden geht? Nur eine kurze Ablenkung reicht aus und Petrus geht unter!

Lissy:     
Wir können nie davon ausgehen, dass der Glaube unser ist, also uns gehört für alle Zeit. Er kommt zu uns als Geschenk und kann sich auch wieder verflüchtigen … Ich weiß das noch aus der Zeit als ich arbeitslos wurde, weil das Großversandhaus Quelle insolvent ging. In den 11 Monaten der Arbeitslosigkeit, mit vielen Absagen auf meine Bewerbungen, verlor ich jeden Mut, je wieder eine Stelle zu finden, die mich auch ernährt. Ich kann nur dazu sagen, ich habe in ein erfülltes Berufsleben zurückfinden dürfen, obwohl ich nicht mehr daran geglaubt habe.

Martina:     
Unerwartet Hilfe finden. Aus unserem Predigttext ist für ich da die ausgestreckte Hand Jesu ein wichtiges Bild.  Petrus ruft: Rette mich und Jesus streckt sofort die Hand aus, um Petrus zu packen. Das ist ein starkes Bild, das Vertrauen schafft.

Lissy:     
Vertrauen ja, vielleicht aber zuerst Ehrfurcht: Die Jünger im Boot waren angesichts dessen, was sie da erlebten, jedenfalls voller Ehrfurcht und konnten nur bekennen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

Martina:     
Kein Wunder! Nach so einem Wunder! Die Jünger haben schließlich mit eigenen Augen gesehen, wie Jesus und Petrus auf dem Wasser gingen. Wenn wir heute so was sehen würden, was würde das mit uns machen? Würden wir voller Ehrfurcht bekennen oder eher überlegen, wo der Trick bei dem Ganzen ist? Wir sind ja heute nicht nur sehr wissenschaftlich ausgerichtet in unserem Denken, wir sind auch durchaus kritisch und oft misstrauisch.

Lissy:     
Stimmt, vielleicht ist das auch ein wenig deutsch. Wir wollen ja gerne alles besser wissen, was uns gesagt wird. Mich beeindruckt da schon, dass in den jungen Kirchen, wie auch in Siha - unserem Partnerdekanat in Tansania -  fröhlicher geglaubt wird, Wunder eher gefeiert werden.

Martina:     
Du meinst, wir können hier vom Glauben unserer afrikanischen Schwester und Brüder etwas lernen?

Lissy:     
Ja, ich finde schon. Uns ist doch oft peinlich, in der Öffentlichkeit zu unserem Glauben zu stehen. In Afrika kommen mir die Menschen dagegen glaubensmutiger vor. Sie preisen Gott und beten zu ihm, ohne sich zu verstecken.

Martina:     
Petrus hat auch Glaubensmut bewiesen, als er Jesus auf dem Wasser entgegenging. Nur wenige Sekunden später dominierte aber die ängstlich zweifelnde Seite an ihm. Petrus zeigt uns: Als Christ darf man durchaus beides haben: Mut und Zweifel. Das ist menschlich.

Lissy:     
Ja, wichtig ist dabei doch vor allem, dass wir uns gegenseitig Mut machen, Jesus zu vertrauen, dass wir einander von unserem Glauben erzählen. Immer geht es doch darum, Menschen für Jesus zu gewinnen, die mit ins Boot der Gemeinde steigen.

Pfarrerin Martina Hessenauer und Lektorin Lissy Ihlo